Elektroauto: Hoffnungsträger oder doch Klimakiller?
Der Verkehr ist einer der grössten Verursacher von CO₂-Emissionen. Weltweit gibt es 1,4 Milliarden Fahrzeuge, die jährlich etwa 10% der globalen Emissionen ausstossen. 25% der Treibhausgasemissionen in der EU sind auf den Verkehr zurückzuführen. In Liechtenstein macht der Verkehr etwa 20% der gesamten CO₂-Emissionen aus.
Besonders problematisch ist der Strassenverkehr, der nicht nur Kohlenstoffdioxid, sondern auch gesundheitsschädliche Stickoxide und Feinstaub emittiert. Diese Stoffe belasten die Luftqualität und führen zu gesundheitlichen Problemen wie Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen. Laut Schätzungen sterben jedes Jahr mehrere hunderttausend Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung.
Ein Blick auf die Antriebe
Benzin und Diesel bestehen aus Rohöl. Rohöl ist ein Produkt der Natur, welches vor mehreren Millionen Jahren entstanden ist. Abgestorbene Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen sanken auf den Meeresboden und wurden dort von Sedimentschichten bedeckt. Unter enormen Druck und hoher Temperatur wandelte sich das organische Material in Rohöl um. Dieser Prozess dauert ungefähr 100 Millionen Jahre. Einige der ältesten Ölquellen, die wir heute noch nutzen, sind über 300 Millionen Jahre alt.
Rohöl wird weltweit in über 100 Länder gefördert. Die grössten Produzenten sind:
USA: 20% der Weltproduktion
Saudi-Arabien: 15% der Weltproduktion
Russland: 13% der Weltproduktion
Förderung
Die Förderung von Rohöl beginnt mit dem Bohren einer vertikalen Schicht, entweder in den Meeresboden oder in die Erdoberfläche an Land. Sobald ein Ölreservoir erreicht ist, wird das Rohöl durch den natürlichen Druck des Reservoirs an die Oberfläche gebracht. Allerdings liefern nur etwa 10–30 % dieser Bohrungen tatsächlich förderbares Öl.
Transport des Rohöls
Nachdem das Öl gewonnen wurde, wird es über tausende Kilometer weiter transportiert. Der Transport erfolgt meist über Pipelines, Frachtschiffe oder Tankwagen. Jährlich werden etwa 4 Milliarden Tonnen Rohöl auf diese Weise verfrachtet. Besonders Frachtschiffe, die das Öl über Ozeane transportieren, verbrauchen eine gigantische Menge an Treibstoff und stossen dabei etwa 1 Gigatonne CO2 aus, was einem Viertel aller Verkehrsemissionen weltweit entspricht.
Raffinieren: Vom Rohöl zum Benzin
Die Raffinierung ist ein sehr energieintensiver Prozess. Allein durch die Energie, die die Raffinierung benötigt, entsteht pro Liter Benzin oder Diesel etwa 1kg CO2. Weltweit setzt so das Raffinieren 1,2 Gigatonnen CO2 frei. Diese Menge entspricht fast dem doppelten jährlichen CO2-Ausstoss Deutschlands.
Wie viel Rohöl gibt es noch?
Die globalen Ölreserven werden auf etwa 1,7 Millionen Barrel geschätzt (1 Barrel = 159 Liter). Bei der aktuellen Förderrate reicht dies noch etwa 50 Jahre, also bis im Jahr 2075. Diese Schätzung basiert auf den heute bekannten Reserven, allerdings könnte die Entdeckung neuer Vorkommnisse oder der Einsatz moderner Fördertechnologien die Nutzungsdauer verlängern.
Die ökologischen und sozialen Folgen von Ölunfällen
Technische Defekte, menschliches Versagen oder extreme Wetterbedingungen können zu schweren Unfällen führen. Ölunfälle wie die Explosion der „Deepwater Horizon“ 2010 oder die Havarie der „Exxon Valdez“ 1989 führten zu massiven Schäden. Die Folgen für die Umwelt sind gravierend: Viele Meereslebewesen sterben, Korallenriffe und andere wichtige Ökosysteme werden stark geschädigt oder komplett zerstört. Das ausgetretene Öl bleibt oft über Jahrzehnte, manchmal sogar Jahrhunderte in der Natur und verschmutzt Böden, Gewässer und hat negative Auswirkungen auf die Nahrungskette. Die Auswirkungen solcher Katastrophen sind noch lange sichtbar und belasten Tiere, Pflanzen und Menschen. Eingedrungenes Öl erschwert die Erholung der Natur, und sein Abbau führt zu Sauerstoffmangel im Wasser.
Sozial und wirtschaftlich verlieren betroffene Regionen ihre Lebensgrundlage, besonders in der Fischerei und im Tourismus. Die finanziellen Kosten für Reinigung und Regeneration sind enorm hoch und können die betroffenen Regionen stark verschulden. Diese Katastrophen verdeutlichen die Dringlichkeit strenger Sicherheitsmassnahmen und nachhaltigeren Lösungen in der Ölindustrie.
Elektroautos: Ein sauberer Antrieb mit Startschwierigkeiten
Elektroautos verursachen bei ihrer Herstellung höhere Emissionen als Verbrenner. Der Hauptgrund dafür ist die energieintensive Produktion der Batterien. Eine typische Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 75 kWh verursacht allein zwischen 4,5 und 5,3 Tonnen CO₂. Der grosse Akku des VW ID.3 hat eine Kapazität von 82 kWh. Hinzu kommen die Emissionen aus der Produktion des Autos, wodurch die Gesamtbilanz eines Elektroautos je nach Modell und Batteriekapazität bei etwa 15 Tonnen CO₂ liegt. Zum Vergleich: Die Produktion eines Benziners oder Diesels verursacht im Durchschnitt etwa 8 Tonnen CO₂.
Der Vergleich: E-Auto vs. Benziner
Erklärung der Tabelle: CO₂-Emissionen im Lebenszyklus von Fahrzeugen
Die Tabelle zeigt die CO₂-Emissionen, die über den gesamten Lebenszyklus eines Benziners, Diesels und Elektroautos entstehen. Dabei wurden die Emissionen für eine durchschnittliche Fahrleistung von 200.000 Kilometern berechnet. Für Benzin- und Dieselfahrzeuge wurde ein Verbrauch von 7 Litern pro 100 km für die Berechnungen verwendet.
Produktion: Ein energieintensiver Start
Die Produktion eines Elektroautos verursacht mit 15 Tonnen CO₂ doppelt so viele Emissionen wie die Herstellung eines Verbrenners (jeweils 8 Tonnen CO₂). Dies liegt vor allem an der energieaufwändigen Produktion der Batterie.
Kraftstoffbereitstellung: Der Vorteil des Elektroautos
Für Benziner und Dieselfahrzeuge entstehen zusätzliche Emissionen in der Phase der Kraftstoffbereitstellung, die die Ölförderung, Raffinierung und den Transport umfassen. Diese Prozesse verursachen jeweils 21 Tonnen CO₂. Ein Elektroauto hingegen benötigt keine fossilen Kraftstoffe, wodurch diese Emissionen vollständig entfallen.
Betrieb: Abhängig von der Energiequellen
Der Betrieb eines Elektroautos bietet hingegen einen entscheidenden Vorteil, da es keine fossilen Brennstoffe verbrennt und somit im Fahrbetrieb keine direkten Emissionen verursacht. Die Umweltbilanz eines Elektroautos hängt vor allem davon ab, wie der Strom für den Antrieb erzeugt wird.
Grüner Strom (z. B. aus Wind- oder Solarenergie): Nahezu emissionsfrei, mit nur 2 Tonnen CO₂ für 200.000 km.
EU-Strommix: Mit einem gemischten Strommix aus fossilen und erneuerbaren Energien entstehen 16 Tonnen CO₂.
Fossiler Strom: Bei einem hohen Anteil fossiler Energiequellen, wie Kohle, steigen die Emissionen auf 30 Tonnen CO₂.
Im Vergleich dazu verursachen Benziner und Diesel während des Betriebs 30 Tonnen CO₂ bzw. 26 Tonnen CO₂, da sie kontinuierlich Kraftstoff verbrennen.
Gesamtemissionen: Der Vergleich
Am Ende des Lebenszyklus ergibt sich folgende CO₂-Bilanz:
Benziner: 59 Tonnen CO₂
Diesel: 55 Tonnen CO₂
Elektroauto (fossilem Strom): 45 Tonnen CO₂
Elektroauto (EU-Strommix): 31 Tonnen CO₂
Elektroauto (grüner Strom): 17 Tonnen CO₂
Motoreneffizienz: Warum Elektroautos weniger Energie verbrauchen
Ein grosser Vorteil von Elektroautos ist, dass ihre Motoren viel effizienter sind. Elektromotoren können bis zu 90 % der Energie in Bewegung umwandeln. Bei Benzin- und Dieselmotoren sind es nur etwa 25–30 % Wirkungsgrad, weil viel der Energie als Wärme verloren geht.
Das bedeutet, dass Elektroautos weniger Energie brauchen, um die gleiche Strecke zu fahren. Besonders wenn sie mit sauberem Strom aus Wind oder Sonne geladen werden, ist der Unterschied noch grösser, weil dabei kaum CO₂ entsteht. Das macht sie auf Dauer umweltfreundlicher.
Fazit
Die CO₂-Bilanz eines Elektroautos hängt stark von der Art der Strombereitstellung ab. Während der Betrieb mit grünem Strom nahezu emissionsfrei ist, kann Strom aus fossilem Ursprungs die Bilanz verschlechtern. Dennoch zeigt die Tabelle, dass Elektroautos insgesamt eine deutlich bessere Umweltbilanz aufweisen, sobald sie mit erneuerbarer Energie betrieben werden.
Neben dem Strommix spielt bei der Senkung der Emissionen von Elektroautos das Recycling von Batterien eine wichtige Rolle. Der Abbau von Rohstoffen wie Lithium und Kobalt verursacht hohe CO₂-Emissionen, die durch Recycling um bis zu 25 bis 40 % gesenkt werden können. Aktuell liegt die Recyclingquote in Europa bei etwa 50 %, doch neue Technologien könnten diesen Anteil deutlich steigern. Ein effizienter Recyclingkreislauf und der Einsatz von grünem Strom sind entscheidend, um den CO₂-Fussabdruck von Elektroautos weiter zu reduzieren.
Ab wann ist ein Elektroauto klimafreundlicher?
Elektroautos verursachen bei ihrer Herstellung zwar höhere CO₂-Emissionen als Verbrenner, gleichen diesen Nachteil jedoch während des Betriebs durch niedrigere Emissionen aus. Der Zeitpunkt, ab dem ein Elektroauto klimafreundlicher ist, hängt stark von der Stromquelle ab. Mit Ökostrom kann dies bereits nach 25.000 bis 30.000 Kilometern erreicht werden, da hier keine fossilen Brennstoffe verbrannt werden. Bei einem durchschnittlichen EU-Strommix dauert es etwa 75.000 Kilometer bis die Klimabilanz des Elektroautos günstiger wird. Nutzt das Fahrzeug jedoch vor allem Strom aus fossilen Quellen wie Kohle oder Gas, kann es deutlich länger dauern, bis es einen Vorteil gegenüber Verbrennern hat, meist weit über 100'000 Kilometern. Dieser Vergleich zeigt, wie wichtig erneuerbare Energien sind, damit ein Elektroauto klimafreundlicher ist.
Hypothetische Szenarien: Was wäre, wenn alle Autos elektrisch wären?
Wenn alle 1,4 Milliarden Fahrzeuge weltweit elektrisch wären, könnten jährlich 4 Gigatonnen CO₂ eingespart werden (vorausgesetzt, der Strom kommt aus erneuerbaren Quellen wie Wind- und Solarenergie). Das entspricht etwa 15 % der globalen Emissionen.
Städte wie Delhi oder Peking würden durch bessere Luftqualität stark profitieren. Feinstaubemissionen könnten um 70 % sinken, was Atemwegserkrankungen deutlich reduzieren würde. Zudem würde die geringere Nachfrage nach fossilen Brennstoffen Umweltbelastungen durch Ölbohrungen verringern und Investitionen in erneuerbare Energien vorantreiben. Allerdings hängt dieser Effekt stark davon ab, wie sauber der Strom ist. Beispielsweise ein Mix aus Kohle und Gas würde den Nutzen erheblich verringern.
Quellen:
Studie der international Energy Agency (IEA) https://www.iea.org/
Europäische Union https://www.ipcc.ch/
MyClimate https://www.myclimate.org/
Spektrum.de Artikel: „Die Rechnung geht auf" Spektrum.de
Fraunhofer-Institut – Studien zu Energieeffizienz und Motorentechnologie: www.fraunhofer.de
Bundesministerium für Umwelt (BMUV) – Vergleich von Antriebstechnologien: www.bmuv.de
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